Ausgangssituation
Das historische Gebäude in der Marktstraße in Bad Tölz entsprach in keinster Weise heutigen Anforderungen. Die Installation war veraltet und marode, die Grundrisse nicht mehr zeitgemäß und die Nutzbarkeit kaum mehr gegeben. Der energetische Zustand war altersentsprechend sehr schlecht. Durch diverse Eingriffe in die Gebäudestruktur war auch die Statik fragwürdig. Die Brandschutz- und Rettungswegsituation war katastrophal, wie es für solch ein historisches Gebäude typisch ist.
Herausforderung
Baustellenlogistik
Die Lage des Gebäudes in der Fußgängerzone und dem historischen Herzen der Stadt machte die Baumaßnahme vor allem logistisch zu einer Herausforderung. Die Baustelle konnte nur in den Morgenstunden angefahren werden. Ein Zugang über die Gebäuderückseite war nicht möglich.
Das Gebäude ist mit ca. 8m schmal, aber dafür sehr tief. Es schließt an beiden langen Seiten direkt an die ebenfalls historische Nachbarbebauung an. Die Andienung der Baustelle konnte nur über die schmale Gebäudefront an der Marktstraße erfolgen. Die dort für die Baustelleneinrichtung nutzbare Fläche war extrem knapp bemessen, wofür eine kontinuierliche Abstimmung mit der Stadt erforderlich war.
Statik
Sämtliche Holzbalkendecken wurden sukkzessive durch Stahlbetondecken ersetzt. Hierbei mussten die beiden Nachbarhäuser gegeneinander abgestützt werden, um zu vermeiden, dass sich deren Trennwände durch die fehlende Aussteifung dazwischen verformen. Die Maßnahmen für die Entkernung bzw. den sicheren Rückbau der Bestandsdecken namen alleine mehrere Wochen in Anspruch.
Erweiterung Keller für Aufzug und Treppenhaus
Für eine zukunftsfähige Nutzung erhielt das Gebäude einen Aufzug; außerdem wurde das Treppenhaus so erweitert, dass es heutigen Anforderungen an einen Fluchtweg genügt. Dafür musste der bestehende Keller, der bislang nur einen Teilbereich der Grundfläche umfasste, erweitert werden. In Teilbereichen wurde das Niveau um 1,5 Etagen nach unten verlegt. Die Arbeiten geschahen unter extrem beengten Verhältnissen. Umfangreiche Unterfangungsmaßnahmen zum Schutze der Nachbargebäude, deren Fundamente oberhalb der neuen Kellerebene lagen, waren erforderlich. Während der Aushubarbeiten wurde außerdem ein Felsriegel angetroffen. Das Lösen dieses Felses musste möglichst erschütterungsarm passieren, um die ebenfalls historischen Nachbargebäude nicht zu beschädigen.
Umsetzungsprozess
Die Planung ergab, dass das alte Gebäude von innen her entkernt werden sollte. Lediglich Stützkonstruktionen zur versteifung der Nachbargebäude gegeneinander sollten verbleiben. Nach dem Aushub für die Kellererweiterung wurde das Haus -abgesehen von der historischen, denkmalgeschützten Fassade und den Kommunwänden zu den Nachbarn- komplett neu aufgebaut.
Es wurde gemeinsam mit der Stadt sowie den Nachbarn eine Lösung für die Baustellenlogistik gefunden. Eine kleine angemietete Fläche von 6x8m in der Fußgängerzone vor dem Gebäude diente zunächst als Stellplatz für einen großen Kran, der es ermöglichte, das Gebäude von hinten her anzudienen. Aufgrund der Neigung der Straße erforderte die Aufstellung des Krans eine gewaltige Bodenplatte sowie mehrfache Straßensperrungen für Auf- und Abbau. In der Ausbauphase diente diese Bodenplatte als Aufstell- und Lagerfläche für Geräte und Material.
Die historischen Holzbalkendecken wurden verstärkt und ertüchtigt, um temporär die Nachbarwände zu versteifen. Dies erfolgte schrittweise während der Entkernung, so dass zwischenzeitlich nur noch ein Holzgerippe über vier Etagen vorhanden war. Im Zuge der Deckenbetonage wurden die alten Decken von unten nach oben etagenweise komplett ausgebaut und ersetzt.
Der Kelleraushub erfolgte mit einem Minibagger sowie mit Felsmeißeln. Das gesamte Aushubmaterial wurde tagsüber in Kleincontainern im Kranbereich gelagert, da die Befahrung der Markstraße nur in den Morgenstunden zulässig ist.
Sämtliche Arbeiten wurden ausgeführt, ohne dass es zu signifikanten Schäden an den benachbarten, ebenfalls sehr fragilen Gebäuden kam.
Ohne die hervorragende Arbeit der beteiligten, lokalen Handwerksfirmen wäre das nicht möglich gewesen.
Ablauf
Entkernung und Bestandssicherung – ca. 3 Monate
Aushub des neuen Kellers und Unterfangung – ca. 8 Wochen
Rohbau als Neuaufbau des Gebäudes von innen heraus – ca. 5 Monate
Innenausbau – 8 Monate
Ergebnis
Mit der Neuerstellung der statischen Struktur des Gebäudes konnten moderne Grundrisse geschaffen werden, die zwar immer noch den Charme eines Altbaus haben, aber heutigen Ansprüchen gerecht werden. Sogar eine Dachterrasse mit direktem Blick ins Karwendel konnte realisiert werden!
Auch alle technischen Anforderungen hinsichtlich Brandschutz, Schallschutz und Energieeinsparung konnten so umgesetzt werden. Die Gebäudehülle wurde wo möglich energetisch aufgewertet. Es wurde eine Wärmepumpe und Solarthermie eingebaut, die Wärme bzw. im Sommer Kälte über Flächenheizungssysteme in den Wänden, am Boden und am Dach verteilt. Die Elektroinstallation ist mit einer KNX- Steuerung nun auf dem neuesten Stand.
Die Nachbarn waren sicherlich froh, als die Baumaßnahme vorbei war, aber die Besucher der Altstadt freuen sich nun über die gelungene Aufwertung eines historischen Gebäudes im Herzen von Bad Tölz. Dazu berichtete auch die lokale Presse.
Viele weitere Gebäude in der Nachbarschaft haben auch großen Sanierungsbedarf – lassen Sie uns über die Möglichkeiten/Einschätzung des Umfangs sprechen.
